Was verschlägt die Jungs aus Neuseeland nach Sarnen?
Fünf Neuseeländische U19-Nationalspieler bereiteten sich während zweier Monate bei Ad Astra Sarnen auf die bevorstehende Junioren-WM in Halifax vor. Kontakte um die ganze Welt knüpften dabei Goalie Nils Schälin und Doppelbürger Andreas Ming.
(Romano Cuonz | Obwaldner Zeitung) Sie dürften in den letzten Wochen vielen aufgefallen sein: Die fünf aufgestellten jungen Burschen, die mit Unihockey-Stöcken und Sporttaschen bis zu drei Mal am Tag in zügigem Tempo von Sarnen nach Kägiswil und zurück marschierten. Sprach sie jemand darauf an, gaben sie auf Englisch Auskunft. Sagten mit neuseeländischem Akzent, dass sie «Guests» seien. Untergebracht bei drei Obwaldner Familien und im Training beim Unihockey-Club Ad Astra in Sarnen. In «Switzerland» wollen sie sich auf hohem Niveau für die U19-Weltmeisterschaften in Halifax vorbereiten. Doch: Wie um alles in der Welt sind diese fünf Teenager ausgerechnet auf den Obwaldner NLB-Verein getroffen? Dahinter steckt eine ganz erstaunliche Geschichte.
Ein Sarner spielte einst in Wellington
Zwischen 2016 und 2017 reisten Anita und Ueli Schälin aus Sarnen mit ihren beiden Jungs nach Neuseeland. Nils (16) und Gabriel (8) sollten eine neue Welt und Sprache kennen lernen. Für Nils, schon damals ein talentierter Junior bei Ad Astra Sarnen, stand fest: Er würde nur mitgehen, falls er auch in Neuseeland seinem Lieblingssport nachgehen konnte. Dies war erstaunlicherweise gar kein Problem. Das auf der Insel führende Floorball-Team von Wellington Storm fügte den Obwaldner sogleich und mit Freude in seine Reihen ein. «Ich spielte dort mit vielen guten Kollegen, die mit mir ins College gingen», erzählt Nils Schälin.
Nach seiner Rückkehr in die Schweiz hielt der Obwaldner über Social Media mit einigen von ihnen den Kontakt aufrecht. Inzwischen ist Nils Schälin Schreiner-Lehrling, und auch sportlich hat er eine beachtliche Karriere hingelegt: Er spielt als Torhüter bei den U21-Junioren von Zug United und steht auch im Kader der Schweizer U19-Nationalmannschaft, welche sich für die Weltmeisterschaften in Halifax qualifiziert hat.
Schützenhilfe für Neuseeland
Als Nils Schälin seinen Sarner Teamkollegen über die Erlebnisse berichtete, horchte einer ganz besonders auf: Andreas Ming aus Sachseln. Sein Vater wurde als Sohn von Auswanderern in Neuseeland geboren. Und so hat auch er als Enkel – wiewohl er noch nie in Neuseeland war – das Anrecht aufs Doppelbürgerrecht. Schälins Beispiel folgend nahm jetzt auch Ming, Elektroniker-Lehrling bei der Firma Leister, Kontakt zum Team der Wellington Storm auf.
Und da war die Überraschung riesig: Neuseelands Nationalmannschaft U19 setzte den Obwaldner gleich als Verstärkung ein. Dies bei ihren Qualifikationsspielen gegen Australien und Japan. «Mit zwei Unentschieden und einem guten Torverhältnis haben auch wir Neuseeländer uns das Ticket nach Halifax gesichert», sagt Ming voller Stolz. Fazit: Alle werden sich vom 8. bis zum 12. Mai an der WM in Halifax wieder treffen. Auch wenn die Schweiz dort in einer höheren Division spielen wird als Neuseeland.
Nun aber wird diese Geschichte geradezu märchenhaft. Eines Tages traf bei André Küchler, Präsident von Ad Astra, eine E-Mail ein. Christian Bertschinger – Coach der neuseeländischen U19-Equipe mit Schweizer Wurzeln – fragte ihn an, ob fünf seiner Spieler nach Obwalden reisen und vom hohen Trainingsniveau bei Ad Astra profitieren könnten. «Meine Frau, die Neuseeland seit ihrem dortigen Aufenthalt kennt, war sofort begeistert», erzählt Küchler.
Und so reisten fünf unglaublich toughe und motivierte junge Burschen aus Wellington an. Unterkunft fanden sie bei drei Sarner Familien. Der Finne Eetu Vehanen ist von Ad Astra Sarnen als NLB-Profitrainer angestellt, doch in diesen Wochen leitete er ehrenamtlich auch die Trainings mit den Jungs. Küchler schwärmt: «Sie trainieren fast täglich und haben riesige Fortschritte gemacht.» Ja, die Neuseeländer hätten für die Junioren von Ad Astra gar mehrere Tore geschossen.
Älplermagronä und Eishockey
Wenn die fünf Jungs demnächst die Rückkreise in ihre Heimat antreten, bringen sie viel Obwaldner Know-how mit nach Wellington. Und neue Erfahrungen. Caleb Ward sagt: «Ich habe in Engelberg erstmals Eishockey gespielt. Great!» Cam Fitzgerald-Little meint: «Die Schweizer spielen viel besser als wir. Begeistert haben mich auch die enthusiastischen Zuschauer auf der Tribüne.» Tim McKibbin fügt hinzu: «Der Coach hat uns vieles gezeigt, was wir zu Hause gerne weitergeben werden.» Josh Campbell wird nach der heutigen Abreise Obwaldner Lieblingsspeisen wie Älplermagronä oder Fondue nie vergessen und Christo Matheson schwärmt von der wunderschönen Schneeschuhwanderung auf den Miesenstock überm Langis. Eine schöne, von vielen Zufällen diktierte Geschichte, die zeigt, wie Sport zu Freundschaft über alle Grenzen hinweg führen kann.